Dauerausstellung | Museum für Naturkunde


Exkursion

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1. Allgemeine Informationen

Museum für Naturkunde, Invalidenstraße 43, 10115 Berlin
Dauerausstellung, insbesondere die 2007 neu gestalteten Ausstellungssäle: Saurierwelt, System Erde, Kosmos und Sonnensystem, Evolution in Aktion

Thematik: Entstehung der Erde und des Lebens
Objekte: Dinosaurierskelette, Fossilien, Steine, präparierte Tiere, originale Schriftstücke
Zielgruppe: Familien, Schüler, Wissenschaftler, alle, die sich für Evolution bezogen auf die Erde, das Tierreich und den Menschen interessieren.


Die „Macher“

Generalplaner Ausstellung und Neue Medien: ART+COM
Ausstellungsdesign: Bertron Schwarz Frey
Projektleitung und Planung: Schiel Projektgesellschaft
Wissenschaftliche Begleitung: Ausstellungsbüro Joerges
Inhalte: Museum für Naturkunde Berlin
Architektur Grundinstandsetzung: Diener & Diener
Fachplaner Licht: Dinnebier Licht, Delux Lichtdesign


2. Ausstellungsanalyse

Das Museum

Das Museum für Naturkunde in Berlin bildet seit Januar 2009 eine Stiftung des öffentlichen Rechts mit dem vollständigen Namen Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Neben dem öffentlichen Bildungsauftrag lehrt das Museum für Naturkunde als Forschungseinrichtung auch wissenschaftlichen Nachwuchs und dokumentiert in verschiedenen Forschungsvorhaben die belebte und unbelebte Natur. Die Sammlung des Museums umfasst 30 Millionen Objekte, dazu gehören Objekte der Mineralogie, Geologie, Paläontologie und Zoologie. Das Museum wurde 1889 eröffnet und der historische Bau des Architekten August Tiede (1834-1911) ist bis heute für die Ausstellungen formgebend. Vor allem der zentrale Lichthof  im Museum bestimmte durch seine Architektur und Raumwirkung das Ausstellungskonzept und -design maßgeblich mit. Die Neugestaltung der vier Säle wurde aus Mitteln der EFRE (Europäische Fonds für regionale Entwicklung) und der Stiftung Deutscher Klassenlotterie finanziert (Gesamtvolumen 17,7 Mio. Euro).

Die Präsentation

Ohne große Einleitung oder Ouvertüre, sondern mit dem Betreten der Ausstellung steht man direkt vor dem wichtigsten Exponat des Museums, dem brachiosaurus brancai – das weltweit größte, usgestellte Dinosaurierskelett. Der zentrale Lichthof ist der Ausstellungsraum für die Saurier und das Leben im Jura vor 150 Mio. Jahren. Mit großem Respekt vor den Objekten und vor der Architektur des Baudenkmales wurde die Ausstellung gestaltet. Die Fossilien und Skelette werden auf dunkelgrauem Boden oder Hintergrund präsentiert, allein durch Licht werden die Exponate in Szene gesetzt. Multimediale Infostationen animieren den Besucher mehr erfahren zu wollen und nachzuforschen. Mit dem Juraskop (mediale Fernrohre) schaut man zurück in die Vergangenheit und sieht, wie die Saurierskelette in ihrem natürlichen Umfeld dem  Jura lebendig werden.

Die Multimediale Inszenierung ist ein wichtiger und großer Bestandteil der Ausstellung, dennoch steht das Original/ das Exponat im Vordergrund. Fast einen sakralen, ehrfürchtigen Eindruck macht demnach die Ausstellungsvitrine des Urvogels Archaeopteryx. In der mit Stoff ausgepolsterten  Nische, die durch eine Glastür vom Lichthof abgetrennt ist, kann man das original Fossil bei wechselnden Lichtstimmungen betrachten.

Während im zentralen Sauriersaal durch Tiergeräusche und das Lichtspiel die Atmosphäre des Dschungels geschaffen wird und der Saal viel Fläche und Freiraum für den einzelnen Besucher bietet, wirkt der nächste Ausstellungsraum System Erde einengend. Ein riesiger Globus mit einem beweglichen Monitor informiert die Besucher über die Erde und ihre Funktionen. Originale Exponate, wie Gesteine und Tierpräparate geben zusätzliche Informationen. Im dritten Raum, dem Treppenhaus wird es dunkler und es heißt: hinlegen! Auf einem Sofa liegend reisen die Besucher vom Urknall bis ins Jetzt. Von der Decke fährt eine Projektionsfläche auf die Zuschauer zu und holt sie zum Schluss im Museum für Naturkunde ab. Im Saal Evolution in Aktion ist ein riesiger Glasschaukasten mit verschiedenen präparierten Tieren ausgestellt, um die Biodiversität der Natur darzustellen. Ein interaktiver Tisch liefert Informationen zum Naturstammbaum und im hinteren Teil des Saales befindet sich ein Ruhebereich mit Sitzmöglichkeiten.

Die Ausstellung präsentiert sich mit vielen Originalen und einer Vielfalt an Möglichkeiten der Neuen Medien. Durch die unterschiedlichen Informationsmedien wird der Besucher animiert tiefer in die Materie einzudringen und fast wie nebenbei wird dabei das enorme wissenschaftliche Potential des Museums vermittelt.

Gestalterische Mittel

Dem Besucher stehen am Eingang Faltblätter mit dem Lageplan des Museums in mehreren Sprachen zur Verfügung. Die Ausstellungssäle sind thematisch organisiert und je nach Interesse kann sich jeder seinen eigenen Rundgang zusammenstellen. Die Ausstellung ist barrierefrei, dennoch sind manche multimediale Objekte z.B. für Rollstuhlfahrer oder kleinere Kinder nur bedingt bedienbar.

Die Austellungsobjekte werden auf dunkelgrauem Untergrund präsentiert. Auch Tiere werden hauptsächlich nicht wie sonst üblich auf Sand oder anderem Material, das den Lebensraum des Tieres nachempfinden soll ausgestellt, sondern auf neutralem grauen Hintergrund. Das Tier oder das Objekt steht für sich und bekommt dadurch den Wert eines Artefakts.

Ein wichtiges Gestaltungsmittel, das sich durch die gesamte Ausstellung hindurch zieht ist das Lichtkonzept. Die Saurierskelette werden z.B. neben dem abgedämpften Tageslicht mit Theaterleuchten in Szene gesetzt. Oder die ausgestellten Tiere in den riesigen Schaukästen im Saal Evolution in Aktion werden mit vielen kleinen Leuchten illuminiert. Insgesamt ist die Lichtstimmung warm, diffus und durch die Schatten bekommt man das Gefühl von Naturraum.

Das Informationsvermittlungskonzept ist sehr vielschichtig. Es gibt die visuelle Ebene mit Informationstafeln, Informationstresen mit Infografiken, Fotos und multimedialen Funktionen. Dabei ist die Bedienung intuitiv, die Gestaltung der Texte und der Infografiken reduziert und klar. Über die kostenlos bereitgestellten Audioguides gibt es auditive Informationen zu den einzelnen Exponaten und Themen. 3-d Modelle und interaktive Systeme und multimediale Anwendungen mit Videos und Animationen runden das Informationsmanagement ab.

Technische Qualität

Die Hauptdarsteller der Ausstellung, die Exponate, sind von hoher Qualität und auch die präparierten Tiere bezeugen die konservatorischen Höchstleistungen. Auch der Nebendarsteller die Multimediale Inszenierung ist beeindruckend, doch leider schmälert die Trägheit der berührungssensitiven Schaltflächen der Informationstresen manchmal die Freude an der Information. Die Ausstellungsinseln mit den Exponaten sind hochwertig verarbeitet und spiegeln den Respekt am Objekt wieder. Auch die Anbringungen der Skelette wirken sehr organisch. Lediglich die Aussichtsplateaus der Juraskope weisen schon einige erhebliche Abnutzungsspuren auf, möglicherweise ein Mangel durch falschen Materialeinsatz.


3. Abschließende Bewertung

Die Neugestaltung der vier Ausstellungssäle ist ein gelungenes Projekt. Die Ausstellung macht Kindern aber auch Erwachsenen Spaß. Wer will kann Stunden verbringen und sich in die Materie einarbeiten, aber auch ein kurzer Besuch lohnt sich, da man auch Informationen in angenehmen Häppchen präsentiert bekommt. Die Ausstellung bedient sich aller nur denkbaren Arten der Wissensvermittlung; Texte, Videos, Hörstationen, Animationen, interaktiver Tisch, Projektion… Für meinen Geschmack könnte der Einsatz mulitmedialer Medien reduzierter ausfallen. Auch hatte ich während des Ausstellungsbesuches den Eindruck, dass Kinder aber auch deren Eltern mit der Bedienung der Technik teilweise überfordert sind. So konnte der Hinweistext auf dem Monitor Bitte berühren sie den unterstrichen Begriff im Text die Besucher auch nicht davon abhalten ungestüm auf dem Monitor zu drücken. Erschreckend war der rücksichtslose Umgang mit den Ausstellungsgegenständen, leider war vom Aufsichtspersonal weit und breit keine Spur.

Das Museum für Naturkunde ist ein wunderbarer, informativer Ort, den man mehrmals besuchen kann und jedes mal wird man immer wieder etwas Neues entdecken können.

Quellen: Museum für Naturkunde, ART+COM
Fotos: Thomas Skroch