fashioning fashion – Europäische Moden 1700-1915


Exkursion

 


1. Allgemeine Informationen

Überblick

Titel: »fashioning fashion – Europäische Moden 1700 – 1915«
Ort: Deutsches Historisches Museum
Zeitraum: 27. April – 29. Juli
Thema: Historische Kleider
Ziel/Schwerpunkt: ästhetische und technische Entwicklung der Modegeschichte
Objekte: Kleider, Kostüme, Accessoires
Zielgruppe: Mode und Kostüminteressierte

 

Impressum

Kuratoren/Autoren: Dr. Regine Falkenberg/Dr. Tim Urban
Ausstellungsgestaltung: Bob Verhelst

 

2. Analyse

2.1 Klassifikation

Träger: Staatliches Museum
Kategorie: Historische Ausstellung
Ausstellungsraum: stationärer Innenraum
Zeitraum: Wechselausstellung
Budget: Keine Angabe, Exponate wurden erworben unter anderem durch private Förderer

 

 

Präsentation/Gestalterische Mittel/Technische Qualitäten/Kritik
Das Deutsche Historische Museum zeigt eine Sammlung historischer Kleider des Los Angeles County Museum of Art. Europäische Moden von 1700 – 1915 werden in der umfassenden Ausstellung gezeigt. Für deren Gestaltung sich der belgische Szenograph Bob Verhelst verantwortlich zeigt.

Im Untergeschoss des Deutschen Historischen Museums wird die Entwicklung der europäischen Mode, in die vier Themenbereiche »Mode«, »Textur«, »Form«, »Dekoration« unterteilt, um unter ästhetischen und technischen Aspekten betrachtet zu werden.

Unmittelbar nach dem Eintreten in den Ausstellungsraum findet man sich vor einer massiven raumhohen schwarzen Tafel mit weiß leuchtendem einleitendem Text, anbei findet man die essentielle Broschüre in Deutsch und Englisch aufliegend, mit den Texten zu den einzelnen Objekten. Vor dem Beginn eines neuen Themengebiets, findet man jeweils einen kompakten einführenden Text auf schwarzem Grund, meist auf einem unausweichlichem raumtrennendem beinah bis zur Decke hochgezogenem Podest, an unübersehbarer Stelle.

Ähnlich einem Laufsteg schlängelt sich das in erfrischendem lindgrün gehaltene Podest zuerst entlang der Mauer, verlässt die geführte Spur immer wieder, ragt in den Raum und lotst einen unweigerlich durch verschiedene Epochen, Entwicklungsstadien, Techniken bis zum aufgelockerteren Teil der Accessoires am Ende der Ausstellung.

Wie Bob Verhelst auch in dem in der Ausstellung gezeigten Video zum Aufbau und der Gestaltung erläutert, liegt der Ursprung dieses eigenwilligen Lindgrüns in einem Schlosszimmer in Frankreich. Außerdem bezieht er Stellung zu  der eigenwilligen Gestaltung der Podeste, die an einen Laufsteg erinnernde Form soll Räume differenzieren und Abstand zu den Besuchern gewinnen, um die höchst empfindlichen Ausstellungsstücke vor Berührungen zu schützen.

Die einzelnen Bereiche wurden mit unterschiedlichen grafischen Elementen ausgestattet. Die Anfangs noch sehr vielversprechend dezente, aber erfrischende Gestaltung wandelt sich zunehmend zu einer verkitschten und übereifrigen rein dekorativen Abhandlung von grafischen Elementen, die mit ihrer grobschlächtigen Art einer Schneiderzeitschrift entsprungen scheinen.

Im ersten Themenbereich »Timeline« befinden sich zu linker Hand in etwa zehn Damenmodelle, rechterhand Herrenmodelle, chronologisch angeordnet, an der Wand dahinter ist die Jahreszahl in großer, schwarzer Klebeschrift angebracht und mit einem schwarzen Band wird eine Linie von der Zahl weg zum jeweiligen Kostüm am Boden gespannt, was eine eindeutige Zuordnung ermöglicht.

Vor den Modellen finden sich kleine abgeschrägte Zylinder mit Nummer, sodass man in der am Eingang aufliegenden Broschüre, deren Erscheinungsbild und Haptik mehr aneine Betriebsanleitung erinnert, ansonsten aber übersichtlich gestaltet, alle wichtigen Informationen bezüglich Herkunft und Geschichte, sowie Kurztexte zu den Objekten, nachlesen kann.

Weiter im Bereich »Textur« finden sich als Tapeten kaschierte Nahaufnahmen der Stoffe an der Wand, sowie eine originale Stoffrolle. Klar voneinander getrennt, stolpert man aus dem Bereich »Textur« kommend über ein übertrieben farblich sowie stilistisch angepasstes Sitzmöbel, das durch sein Erscheinungsbild in Material und Qualität, völlig deplatziert wirkt, in den Bereich »Form«. Dort wiederum wird der Unterbau von so manchem Kleid ansprechend präsentiert, auf kaum sichtbaren Fäden baumeln die zarten Konstrukte von der Decke und bieten spannende Einblicke in die hohe Schneiderkunst. Allerdings wird dieses zarte Erscheinungsbild auch wieder schlagartig gestört von einer Tapete, die sich über mehrere Meter erstreckt und Schnittzeichnung und Konstruktion zur Schau stellen will. Leider ist die grafische Auseinandersetzung mit der Thematik auf einer rein dekorativen Ebene geblieben und bietet keinerlei analytisch interessanten Einblick. Ebenso taucht völlig überflüssig mehrmals ein Fadennaht suggerierender Aufkleber auf.

Wird zu Beginn noch ein beschwingtes, erfrischendes Gefühl durch das helle Grün vermittelt, wird es im letzten Raum »Dekoration« beinahe drückend und dumpf. In der dunkelgrünen Wand befinden sich eingelassene beleuchtete Schaukästen unterschiedlicher Dimension. Diverse Exponate liegen oder hängen, ausgebreitet auf mit grauem Stoff bespannten Platten.

Fragwürdig ist vor allem die Dimensionierung dieser Platten, die teils zu klein wirken, aber auch ungeschickt positioniert in den handwerklich einwandfrei gefertigten Schaukästen, die verteilt über die Wand das Bild ungemein auflockern ohne dabei aufdringlich zu wirken. Bereits in den vorherigen Räumen der Ausstellung waren ähnliche Schaukästen in das Podest eingelassen um thematisch passende Accessoires zu zeigen. Zu allem Überfluss versucht man im zweiten Teil des letzten Raumes, der sich hauptsächlich fernöstlichen Einflüssen in der Mode widmet, eine Szenerie mit dunkelgrün überlackierten IKEA Stühlen, Spiegeln, sowie nur mit viel Fantasie erkennbaren völlig aus dem Gesamtbild fallenden hölzernen Paravents, sowie unnötigen Abgrenzungen zu entwerfen.

Zusammenfassend betrachtet bietet die Ausstellung eine ungemeine Fülle an spannenden Exponaten, die durchaus interessant präsentiert und auch angenehm zu betrachten sind. Die Höhe der Podeste, die Blickwinkel und die Schaukästen sind sorgfältig ausgewählt und gewähren spannende Einblicke.

Die Lichtsituation ist aufgrund der Empfindlichkeit der Objekte teils etwas dunkel, dies fällt aber in den ersten Bereichen kaum ins Gewicht, da das helle Lindgrün eine frische Stimmung erzeugt. Erst im letzten Teil der Ausstellung, bei den Accessoires, wo sowohl das Grün dunkler, als auch die Raumkonstruktion etwas enger wird, und die Dichte an Exponaten zunimmt, fällt die eigentliche Dunkelheit auf, wirkt aber nicht störend.

Anfangs im Bereich »Mode« so dezent und innovativ, ist die Variation der grafischen Gestaltung im Gesamten einfach zu viel. Zwar gut gemeint, wirkt sie aber allenfalls bemüht, übereifrig und dekorativ. So ist die Absenz einer Kulisse angenehm aufgefallen, wird diese im allerletzten Teil, so unpassend und grobschlächtig auf die Bühne gedrängt, ohne jeglichem Sinn zu folgen. Es wirkt als hätte man Angst bekommen mit einer subtilen Gestaltung dem Besucher die eventuell ansonsten als trocken empfundene Thematik nicht näher bringen zu können, und man deshalb in eine plumpe Darstellungsmethode übergegangen ist, mit der man gleichsam zwanghaft versucht einen Bogen in die heute Zeit zu spannen. Leider hat man verabsäumt, das Maß an Gestaltung zu zügeln, und so werden die eindrucksvollen Exponate durch die immense Flut gestalterischer Mittel schlichtweg überschwemmt. Mindestens genau so eindrucksvoll wie die Exponate, sind die Puppen auf denen sie präsentiert werden. Jene wurden nach den jeweils körperlichen Maßstäben der damaligen Zeit bereits 1980 vom Kyoto Costume Institute in Auftrag gegeben.

Allerdings sind die sich aus der Ausstellung ergebenden Publikationen, die in Zusammenarbeit mit dem LACMA entstanden sind, äußerst übersichtlich und liebevoll gestaltet, bemerkenswert ist auch, dass es neben dem ausführlichen Katalog noch eine Art Zeitschrift zur Ausstellung gibt, die sowohl Hintergrundinfos zur Ausstellung, aber auch die Bedeutung der Kostümgeschichte und andere Themen behandelt.

 

 

Text: Laura Wolfsteiner
Fotos:  
Photo © 2012 Museum Associates/LACMA
Quellen: http://www.dhm.de/ausstellungen/fashioning-fashion/, Magazin Fokus Fashion, herausgegeben von der Stiftung Deutsches Historisches Museum