60 Jahre – 60 Werke | Martin Gropius Bau


Exkursion

Eines der größten Ausstellungsprojekte des Jahres 2009 markiert wohl bis jetzt die Epochenübergreifende Gruppenausstellung “60 Jahre, 60 Werke” anlässlich des 60 jährigen Bestehen der BRD im Martin Gropius Bau.

Die besondere Schwierigkeit aus kuratorischer Sicht bestand darin unterschiedlichste Künstler und Stilrichtungen von Karl Otto Götz über Gerhard Richter, Georg Baselitz, Imi Knoebel, Jörg Immendorf, Anselm Kiefer, Joseph Beuys, Martin Kippenberger, Andreas Gursky bis hinzu Wolfgang Tillmans, Daniel Richter, Neo Rauch oder Jonathan Meese in ein stimmiges Ausstellungsbild zu bringen, dass sowohl die Vielfalt der Stilrichtungen aufzeigt, aber trotzdem ein stimmiges Gesamtwerk für den Besucher abliefert. Dies ist auch der Grund weswegen die Ausstellung auf breite Kritik in den Feuilletons der deutschen Presse stößt. Es wird ihr vorgeworfen, die Kunst in ein nicht funktionierendes “Best Of” zusammenzuwerfen und allgemein krampfhaft die Bildaussagen mit den geschichtlichen Ereignissen zu der Zeit gleichzuschalten – oftmals gehen diese aber völlig an der Bildaussage vorbei. Auch das komplette Fehlen von Ostkunst bis 1989 wird bemängelt.

Trotzdem schafft die Ausstellung zumindest oberflächlich und für ein breites Publikum zugänglich jedoch ohne jeglichen geschichtlichen Bezug aufzuzeigen, wie viele großartige Künstler Deutschland hervorgebracht hat.

Das Ausstellungsdesign entwickelte Art&Com und schafft es, aus dieser Sicht ein sehr stimmiges Bild abzugeben. Die Räume sind sehr gut und von weit oben beleuchtet, die Wände in abgetönten Weißnuancen gestrichen und das Leit- und Informationssystem funktioniert sehr dezent aber absolut stilsicher. Jede Arbeit wird mit einer kleinen Platte gekennzeichnet, die über den Namen und das Geburtsjahr des Künstlers und über das Entstehungsdatum der Arbeit informiert, um das Kunstwerk einordnen zu können. An jedem der 60 Schlüsselwerke kennzeichnet eine etwas größere graue Jahreszahl das Entstehungsdatum des Kunstwerks und gibt der Ausstellung die chronologische Reihenfolge.

Das ausstellungsgestalterische Herzstück der Ausstellung markieren jedoch die 2 Medienräume, einmal nach den ersten 30 und noch einmal nach den zweiten 30 Jahren Kunst. In einem dezent abgedunkeltem Raum werden Hintergrundinformationen über die 30 Jahre geliefert.

Auf einem mittig angeordneten Medientisch wird auf eine drucksensitive Platte eine Zeittafel projiziert, welche dem Betrachter einen chronologischen Überblick über die Epochen gibt, die ausgestellten Werke an den jeweiligen Positionen einordnet und zusätzliche Hintergrundinformationen über das Zeitgeschehen liefert. Durch berühren kann der Beobachter weitere Detailinformationen aufrufen. Das System ist sehr übersichtlich, schick und bilingual gestaltet und liefert sehr schnell sehr viele interessante Informationen. Auf den jeweils 30 in die Wand dahinter eingelassenen Fernseher werden auf jedem Fernseher jeweils die prägnantesten geschichtlichen Ereignisse des jeweiligen Jahres zusammengefasst. Die Wand der Fernseher ist in einem mittleren grau gehalten, die Schrift der Zahlen in weiß. Die Fernseher sind mit Kopfhörern ausgestattet. Auf der gegenüberliegenden Wand findet man die so genannten “Schwarztafeln”.

Dutzende schwarze Täfelchen werden jeweils mit einem kurzen Text bzw. einer kurzen Bildunterschrift versehen, welche ein prägnantes Ereignis beschreibt – z.b. John F. Kennedy hält eine Rede in Berlin und schließt mit den Worten “Ich bin ein Berliner”. Das Konzept spielt mit der – zugegebenermaßen nicht ganz neuen –  Idee, das es ausreicht ein schwarzes Bild und einen Text des prägnanten Ereignisses zu zeigen und unser Kopf, weil diese Bilder so präsent waren/sind, das Bild trotzdem produziert.

Auf jeden Fall stießen diese Medienräume auf reges Interesse, waren alters-unabhängig nutzbar und verstehbar und wurden stark frequentiert und genutzt.

Abschließend bleibt zu sagen, dass die Ausstellung zwar aus inhaltlicher Sicht einige Schwächen und Kritikpunkte aufzeigen mag, aus Ausstellungsgestalterischer Sicht jedoch sehr gute und massentaugliche Arbeit geleistet wurde, die der Ausstellung einen gelungenen abrundenden Rahmen gibt.

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