Dauerausstellung | Sammlung BOROS

Exkursion

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Ein Bunker in Berlin Mitte wird zur Ausstellungsfläche.

So ziemlich unscheinbar steht der Bunker, trotz seiner unglaublichen Größe, in der Reinhardtstrasse 20 in Berlin Mitte. Nur durch vorheriges Anmelden und den Gang durch eine dicke Stahltür gewährt dieser fünfstöckige Riese Einblick in sein Inneres.

1941 ursprünglich als Reichsbahnbunker erbaut, hatte dieser Bunker bis heute viele Gesichter. Unter anderem wurde er als Textil- sowie Südfruchtlager genutzt, was ihm zu dieser Zeit auch den Namen „Bananenbunker“ einbrachte. Ab 1992 war der Bunker in der Hand der Fetisch und SM Szene.

Der Bunker entwickelte mit Techno-Musik und Fetisch- und Fantasy-Partys sein Image als härtester Club der Welt. Im Jahr 1995 per Schließungsverfahren geschlossen, öffnete er bereits 1996 wieder seine Türen für die “Overtüre der Lust”-SM-Party. Des weiteren kamen einige Kunstausstellungen wie »Files« mit O.Elliasson, D. Pflumm, U. Rondinone u.a. sowie »Inside out« zustande.

2003 erwirbt Christian Boros den Bunker für seine Sammlung Zeitgenössischer Kunst. Nach jahrelangen Umbauarbeiten kommt es 2007 zur ersten öffentlichen Präsentation von Installationen. 2008 folgte die erste Ausstellung der Boros Sammlung auf 3000 qm. Bis heute kann man Präsentationen von Rauminstallationen, Skulpturen, Licht und Performancearbeiten im Bunker begutachten. Unter anderem sind Objekte bekannter Künstler wie Ollafur Elliason oder Anselm Reyle zu begutachten.


1. Allgemeine Informationen

Titel: Sammlung BOROS
Ort: Reinhardstrasse 20, 10117 Berlin
Zeitraum: Ersteröffnung der Sammlung im Jahr 2008
Thema: Rauminstallationen, Skulpturen, Licht- und Performancearbeiten
Zielgruppe: Interessierte der Raumbezogenen (Raumgreifenden) Zeitgenössischen Kunst
Konzeption / Realisierung: Boros Interaktiv GmbH Agentur für neue Medien


2. Analyse

2.1. Klassifikation

Träger: Privat
Kategorie: Rauminzenierung
Ausstellungsraum: Innenraum
Zeitraum: Wechselausstellung


2.2. Präsentation

Authenisch — Der Bunker blieb in seiner Grundstruktur erhalten und versprüht teilweise sein Flair. In manchen Räumen vergisst man jedoch, dass man sich in einem Bunker befindet, da diese sehr modernisiert sind. Ein aufbereitetes Holztreppengeländer aus alter Zeit oder Teile erhalten gebliebener Graffitis weisen auf die Geschichte des Bunkers zurück. In einigen Räumen vergisst man jedoch aufgrund der Modernisierungsmaßnahmen, dass man sich in einem Bunker befindet.

Aktuell: Zeitgenössische Kunst — Überwiegend raumgreifende Arbeiten bekannter Künstler

Kommunikativ: Der Bezug zum Raum spielt immer wieder eine große Rolle. Manche Skulpturen werden zum Erlebnis, indem es ermöglicht wird, durch sie hindurch zu gehen oder sie gar anzufassen.


2.3. Gestalterische Mittel

Objektpräsentation: Arbeiten wurden von den Künstlern eigenhändig platziert und spielen überwiegend mit der räumlichen Architektur.

Inszenierung: Einzelne und offen gestaltete Räume sind vorhanden und ausreichend ausgeleuchtet.

Besuchermanagement: Der Besuch der Sammlung ist nur in Verbindung mit einer Führung möglich. Die Führung dauert ca. 90 min. und vermittelt Hintergründe über die Sammlung sowie Details über die Geschichte des Bunkers.

Vermittlungskonzept: Einige kleine Schilder zu den Exponaten sind vorhanden. Vorkenntnisse zu den Künstlern sind jedoch von Vorteil. Durch die Führung erfährt man sehr viel über die einzelnen Arbeiten und ihre Entstehungsgeschichte.

Materialkonzept: Überwiegend große raumgreifende Installationen aus unterschiedlichen Materialien.

Farbkonzept: Wände sind teilweise noch im Originalzustand und wurden nur durch Sandstrahlen gereinigt. Einige Räume wurden in einem neutralem Weiß-Ton gestrichen. Das Verhältnis zwischen gestrichenen und unbehandelten Wänden wirkt ausgeglichen.

Lichtkonzept: Die Ausstellungsobjekte werden von Spots beleuchtet. Zum Teil sind die Lichtquellen in den massiven Blaubetonwände eingearbeitet und werden zum Bestandteil der bestehenden Architektur.


2.4. Technische Qualitäten

Ausstellungsbau, Vitrinenbau: Vereinzelt wurden kleiner Ausstellungsobjekte in Vitrinen platziert, die meisten Objekte stehen jedoch offen im Raum, sind an den massiven Wänden oder an der Decke befestigt

Licht: Eine Mischung aus indirektem und direkt gesetztem Licht bildet ein ausgeglichenes Verhältnis.


3. Bewertung

3.1. Qualitäten – Bewertungskriterien

Dauerhaftigkeit: Private Sammlung, die sich jedoch mit der Zeit erweitern und wechseln kann

Anmutung, Ästhetik, Schönheit: Die ungewöhnliche Ausstellungsumgebung bietet eine besondere Atmosphäre und präsentiert die Objekte wirkungsvoll.
Durch das galerieartige Öffnen einiger Stockwerke wirken Räume aufgelockert.

Originalität, Attraktivität: Originell ist der Ausstellungsort mit einigen eigens für diesen Bunker gefertigt oder geänderten Arbeiten, sowie die gegenläufigen Treppen und die labyrinthische Architektur.


3.2 Fragenkatalog 

Was ist der Anlass der Ausstellung?
Zugänglichmachung und besondere Ausstellung der privaten Kunstsammlung von Christian und Karen Boros.

Wie ist die Wechselwirkung der Einzelteile zum Gesamten?
Alle Exponate stehen für sich und sind durch Wände oder einzelne Räume von einander getrennt.

Welche Rolle spielen die Objekte?
Viele Exponate sind eigens für die Bunkerräume inszeniert worden und somit nicht austauschbar. Dabei zeigen die Künstler ihren Umgang mit dem gegebenen Raum und schaffen teilweise selbst Räume in ihren Werken.

Wie werden Bedeutungen kommuniziert?
Die Bedeutungen werden durch die Darstellung der Objekte in den einzelnen Räumen kommuniziert.

Welche atmosphärische Stimmung entsteht?
Grundlegend prägt eine angenehme Stimmung die Ausstellung. Da jedoch kaum Fenster vorhanden sind und vereinzelt Räume sehr klein ausfallen, überwiegt teilweise eine bedrückende Bunkeratmosphäre. Größere geöffnete Räume schaffen da den benötigten Ausgleich.

Wie verläuft die Dramaturgie des Ausstellungsrundganges?
Die Exponate sind auf fünf Stockwerke verteilt, welche es der Reihe nach zu erkunden gilt. Dabei wird es dem Besucher nur ermöglicht sich von einer Etage zur nächsten zu bewegen. Ein zentrales Treppenhaus auf allen Etagen ist nicht vorhanden.

Was sind die Kernaussagen, welche Erkenntnisse können gewonnen werden?
Es können Erkenntnisse über Rauminstallation in ungewöhnlicher Umgebung und die Erkundungen des Raum-im-Raum-Prinzipes gewonnen werden.
Zudem kommt man zu der Erkenntnis, dass Arbeiten nicht unbedingt aufeinander abgestimmt werden müssen. Auch die Frage, wie eine Person solch einen Bunker mit der privaten Kunstsammlung füllen kann, wird schnell beantwortet.

Lohnt sich ein zweiter Besuch?
Ein zweiter Besuch lohnt sich allemal, da man bei der eineinhalbstündigen Führung leider nicht alles sehen konnte.

www.sammlung-boros.de

 

 

Text: Nadine Xenia Voeckler & Jens Remes

Bildquellen:
— Aussenansicht Bunker
Foto: © Noshe
— KRIS MARTIN
“For Whom …”, 2008
Foto: © ACHIM KUKULIES
— OLAFUR ELIASSON
Links: “Ohne Titel (In Kooperation mit Elias Hjörleifsson)”, 1998
Rechts: “Ohne Titel”, 1997
Foto: © Noshe
— ANSELM REYLE
Links: “Life Enigma”, 2008
Rechts: “Ohne Titel”, 2008
Foto: © Noshe
— MONIKA SOSNOWSKA
“Ohne Titel”, 2005
Foto: © Noshe
— OLAFUR ELIASSON
Titel: “Berlin Colour Sphere”, 2006
Foto: © Noshe
— SANTIAGO SIERRA
“Konstruktion und Installation von teerbeschischteten Formen,
mit den Massen 75x75x800cm, angeordnet in zwei Räumen”, 2002
Foto: © Noshe