Ryoji Ikeda – data.anatomy (civic) Audiovisual Installation


Exkursion



Titel:
data.anatomy [civic]

Autor: Ryoji Ikeda

Zeitraum: 19.4. – 1.5.2012

Ort: MUMA Kraftwerk Mitte/Tresor/Köpenicker Straße 70, 10179 Berlin

Thema: audiovisuelle Installation basierend auf  Konstruktionsdaten des Honda Civic

Träger: Honda

Kategorie: Kunstausstellung

Ausstellungsraum: Innenraum


Inhalt: 
Ryoji Ikedas Videoinstallation »data.anatomy[civic]« erschien anlässlich der aktuellen Veröffentlichung der neunten Generation des Honda Civic. Sie basiert auf den Konstruktionsdaten und technischen Entwürfen des Fahrzeugs, welche vom Entwicklungsleiter Mitsuru Kariya bereitgestellt wurden.
In dieser einzigartigen Kooperation bricht der japanische Künstler Ikeda die reine Datenform auf und ermöglicht dem Betrachter einen ästhetischen Zugang zu deren Komplexität. Dies gelingt ihm mittels sowohl visueller als auch akustischer Medien. Ziel Ikedas ist es dabei, die Innovationskraft und das Konzept des etablierten japanischen Automobilkonzerns Honda in seiner Installation wider zu spiegeln.

Technik: Die »data.anatomy[civic]« wird von Apple Computern betrieben. Ein Jahr lang arbeitete Ikeda gemeinsam mit fünf Technikern an dieser Komposition. Es handelt sich dabei um eine Videoprojektion, welche sich auf 4 x 20 Metern über drei Projectiondesign-F32 Projektoren zu einem Panorama zusammenfügt. Diese Projektoren verfügen über eine Helligkeit von bis zu 8000 Lumen und einem Kontrastverhältnis von 7500:1.

Ausstellungsraum: Als Ausstellungsraum dient ein ehemaliges Berliner Industriegebäude, welches heute unter dem Namen Tresor zum Techno Club umfunktioniert wurde. Um in den Ausstellungsraum zu gelangen, muss man zuvor einige Treppen am Außengebäude hinaufsteigen und findet sich zunächst etwas orientierungslos in der Dunkelheit der Kraftwerkshalle wieder. Man folgt unweigerlich dem Klang und Licht der Projektion. Weite Hallen, Stahl und Betonwände zeichnen diese puristische Umgebung aus. So bietet sie eine gelungene Ergänzung zur Installation und erlaubt dem Betrachter das völlige Eintauchen in dieses Erlebnis. Die Besucher sitzen zumeist auf dem Boden und lassen sich von den Eindrücken berauschen.

 

Gestalterische Mittel: Durch digitale Drahtgittermodelle und technische Zeichnungen weiß auf schwarz werden die verschiedensten Einzelteile des Automobils endoskopisch untersucht. Die Anatomie der einzelnen Fahrzeugteile wird zusätzlich durch rotes Aufleuchten einzelner »Organe« akzentuiert. Das zeitlich darauf abgestimmte Soundesign ist durch sogenannte »Glitch« Sounds geprägt. Diese Spielart des digitalen Sounddesigns wird dadurch charakterisiert, dass mittels Sofwaretools eine Vielzahl unterschiedlicher bis auf das Minimalste gekürzter Audiosamples schnell hintereinander (bei Ikeda auffällig arhythmisch) sequenziert werden. Diese Sounds werden dann von Dronesounds unterbrochen, bei dem ein monotoner digital synthetisierter Ton oder Geräusch zu hören ist. Zusammen unterstreicht diese Soundkomposition den hoch technisierten Eindruck der visuellen Projektion und ermöglichen eine genau definierte Symphonie zwischen Klang und Bild. Die 12-minütige Vorstellung, die aus mehreren Teilabschnitten mit entsprechend unterschiedlichen Klangkulissen besteht, wird in einer Endlosschleife wiederholt.

Bewertung: Der Anschein, dass es sich hierbei mehr oder weniger um eine Werbemaßnahme handeln könne, weicht der imposanten Arbeit Ikedas. Und trotz der relativ überschaubaren, vielleicht sogar monotonen jedoch harmonischen Aufmachung, lohnt sich ein zweiter Besuch. Denn »data.anatomy[civic]« zieht den Besucher in eine faszinierende Isolation, die ihn vorübergehend von Zeit und Raum trennt. Eine sehr eindrucksvolle und einnehmende Ausstellungskonzeption.

 

Text: Jacqueline Pulsack
Fotos: © www.gauchoproductions.com