Anthony McCall – Five minutes of pure sculpture


Exkursion 

 

1. Allgemeine Informationen

Titel: Anthony McCall – Five minutes of pure sculpture –

Ort:
Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50 – 51, 10557 Berlin

Zeitraum: 20. April – 12. August 2012

Thema: Präsentation der Arbeiten von Anthony McCall (* 1946 in London) der letzten zehn Jahre

Ziel/Schwerpunkt: Die Ausstellung verfolgt die Thematisierung von Raum, dreidimensionaler Form und Zeit sowie die Interaktion des Besuchers in der filmisch wirkenden Installation

Objekte: Die große Halle des Hamburger Bahnhofs ist komplett abgedunkelt. Aus der Dunkelheit erscheinen insgesamt sieben vertikale und auch horizontale Lichtbündel einer digitalen Projektion. Diese ergeben geometrische Lichtskulpturen und sind vom Besucher begehbar. Begleitet wird diese Inszenierung durch technisch erzeugten Dunst.

Zielgruppe: Die Ausstellung lädt jeden ein, der an gegenwärtiger Kunst interessiert ist sowie Lust hat, Anthony McCalls Installation interaktiv zu erleben und in eine neue Welt abzutauchen .

Kuratoren/Autoren: Henriette Huldisch

Architektur: Als Ausstellungsort ist die komplett abgedunkelte Halle des alten ehemaligen Hamburger Bahnhofs gewählt worden. Dieses Gebäude dient nach seinem Umbau seit 1996 der Ausstellung von Gegenwartskunst.

Medien: Ausstellungskatalog (erschienen im Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln Preis: 32 €), Medienpartner: Monopol – Magazin für Kunst und Leben

Ausstellungsbauer: Als Unterstützung beim Bau: Verein der Freunde der Nationalgalerie

Sponsor: der Hersteller für Bodenbeläge Tretford

 

2. Analyse

2.1 Klassifikation

Träger: Staatliche Museen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz

Kategorie: Kunstausstellung

Ausstellungsraum: Innenraum; stationär

Zeitraum: Wechselausstellung

 

2.2 Präsentation

Aktuell: Bezüge zu zeitgenössischem Denken

Kommunikativ: Anregung zur Diskussion und Auseinandersetzung

Interaktiv: Aufforderung zum Mitmachen/Dialog

Unterhaltsam: Förderung der musisch, kurzweilige Beschäftigung

Szenisch: Inszenierung von Objekten und Räumen zu Gesamtbildern/Zusammenhängen/Erlebnissen

Spielerisch: Animation zu lustvoller, scheinbar zweckfreier Beschäftigung

Kontemplativ: Räume zur beschaulichen Betrachtung und Ruhe

Gestalterische Mittel:
In der aufwendig verdunkelten großen Halle des Hamburger Bahnhofs kommen Anthony McCalls Inszenierungen eindrucksvoll zur Geltung. Der Besucher bewegt sich fast tänzerisch durch die von der Decke fallenden Lichtkegel und wird gänzlich in die dreidimensionalen Formen eingebunden. Durch die komplette Dunkelheit im Raum ist es dem Besucher beinah unmöglich die Inszenierung technisch nachzuvollziehen. Der Boden der Halle ist komplett mit einem dunklen Teppich verlegt. Dieses sorgt zusätzlich für eine Trittschalldämmung, welches die sphärische Stimmung der Inszenierung zusätzlich bereichert.

Technische Qualitäten:
Die Halle wurde akribisch abgedunkelt und auch mit einem schwarzen Teppich ausgelegt. Es fällt dem Besucher auf den ersten Blick schwer, die technische Ausarbeitung der Inszenierung nachzuvollziehen. Er wird seiner Betrachtung ganz auf die Arbeiten des britischen Künstlers gelenkt.
Der Künstler verwendet zwecks Umsetzung seiner bildnerischen und skulpturalen Lichtinszenierungen, Computeranimationen, Videoprojektoren, Dunstmaschinen sowie Lautsprecher für seine horizontale Arbeit »Leaving (With Two-Minute Silence)«(2009) im hinteren Bereich der Halle.
Auch die sehr ausdrucksstarke, dennoch simple grafische Kommunikation der Ausstellung ist gut gelungen. Im Eingangsbereich befindet sich eine Information zu Künstler und Inszenierung, die dem Besucher eine kurze, jedoch informative Auskunft vermittelt. Die informative Einführung setzt den Fokus auf die Aussage des Werkes ohne in Konkurrenz zu der eigentlichen Inszenierung zu treten.

 


Bewertung

3.1 Qualitäten – Bewertungskriterien:
Der Hamburger Bahnhof präsentiert im Rahmen der Sonderausstellung „Five minutes of pure sculpture“ Anthony McCalls größten Arbeiten der letzten zehn Jahre. Ein Sponsor der Ausstellung ist der Hersteller für Bodenbeläge »Tretford«. Positiv zu vermerken ist, dass der Sponsor nur sehr dezent am Rande in Erscheinung tritt. »Tretford« ist für die Bereitstellung und den Einbau des schwarzen Teppichs in der großen historischen Halle verantwortlich. Dieser unterstützt die eindrucksvolle Atmosphäre, die durch das komplette Verdunkeln der über 1000m2 großen Halle entsteht.
Dieser Umbau der geschichtsträchtigen Halle, setzt die »skulptural«, »bildlich« und »filmischen« Lichtinstallationen von Anthony McCall eindrucksvoll in Szene.
Die räumliche Unterteilung der Inszenierung in 3 Abschnitte – horizontale, vertikale, horizontale Arbeiten, ist auch sehr gut gelungen.
Nichts desto trotz bekommen die vertikalen Arbeiten im mittleren Abschnitt der Halle größere Aufmerksamkeit als z.B. die horizontale Arbeit im hinteren Bereich. Generell ist festzustellen, dass der Spaßfaktor und die Interaktion deutlich größer sind, als ein möglicher Lerneffekt.
Ein Besuch der Ausstellung ist trotzdem sehr zu empfehlen, da sie die »skulptural«, »bildlich« und »filmischen« wirkenden Arbeiten Anthony McCalls beeindruckend präsentiert werden. Jedoch sollte man die Ausstellung zu einer sehr frühen Tageszeit begehen, da die sphärische Stimmung durch zunehmenden Besucherandrang im laufe des Tages schnell zu Nichte gemacht werden kann.

 

3.2 Fragenkatalog

Was ist der Anlass der Ausstellung?
Der Hamburger Bahnhof präsentiert in der Ausstellung »Five minutes of pure sculpture« eine Auswahl von Anthony McCalls Arbeiten der letzten zehn Jahre .

Welche sind die Schlüsselobjekte/die 3 wichtigsten Exponate?
Wichtigste Objekte kann man kaum benennen, da jede »Lichtskulptur« für sich steht und eine eigene utopische Atmosphäre vermittelt. Der Ausstellungsbereich ist in 3 Abschnitte gegliedert. Im vorderen und hinteren Abschnitt befinden sich die horizontalen Arbeiten »You and I«( 2005), »Doubling Back« (2003) und »Leaving (With Two-Minute Silence)«(2009). Im mittleren und zentralen Bereich der Halle durchläuft der Ausstellungsbesucher die vertikalen Arbeiten »Meeting You Halfway« (2009), »Coupling«(2009), »Between You and I«(2006) und »Breath III«(2005).
Die im zentralen Bereich der Halle präsentierten Arbeiten sind meinem Empfinden nach am eindrucksvollsten. Die Lichtprojektionen laden nicht nur zum Durchgehen sondern auch zum Verweilen ein. Der Besucher ist dabei nicht nur Betrachter, sondern wird Teil des Ganzen.
Dabei ist ein weiteres einprägendes Ausstellungselement auch die Tatsache, dass die geschichtsträchtige Bahnhofshalle komplett abgedunkelt und mit einem schwarzen Teppich ausgelegt wurde.

Werden diese angemessen präsentiert?
Die große Halle des Ausstellungsortes ist komplett verdunkelt, so dass die von der Decke fallenden Lichtkegel beeindruckend zur Geltung kommen. Als Besucher der Ausstellung taucht man in eine neue Welt und kann bewusst die Gestalt der imaginären Skulpturen verändern und sich so seiner Rolle in der Installation bewusst werden. Die Installation Anthony McCalls wird beeindruckend präsentiert.

Wie ist die Wechselwirkung der Einzelteile zum Gesamten?
Jeder Lichtkegel steht für sich und überschneidet sich in seiner Wirkung nicht mit den anderen. Durch die Abdunkelung der Halle, gerät man als Betrachter in eine sphärische, neue Welt und kann sich ohne von anderen Exponaten abgelenkt, ganz Anthony McCalls dreidimensionalen Lichtspiel hingeben.

Welche atmosphärische Stimmung entsteht?
Mit Betreten der großen Halle, begibt man sich in eine neue Welt fernab vom Alltag. Der Besucher wird aufgefordert, sich im Raum zu bewegen und beim Durchschreiten der einzelnen Lichtinstallation diese zu verändern. Die Bewegungen der Besucher haben eine leichte, beinah tänzerische Anmutung. Verstärkt wird diese durch Zugabe von Nebel. So werden die Gesten abgedämpft und wirken fast utopisch. Es entsteht eine fiktive Atmosphäre.

Wie verläuft die Dramaturgie des Ausstellungsrundganges?
Die Ausstellung ist in 3 Abschnitte gegliedert. Bei Betreten der großen, abgedunkelten Halle befindet sich der Besucher zwischen zwei horizontal verlaufenden Lichtkegelformen, dessen langsam kreisende Konturen auf der Wand als weiße Linien erscheinen. Im nächsten zentralen Abschnitt der Ausstellung findet man diese aus Licht entstandene Formen wieder. Nur wird hier das Licht nicht von Wand zu Wand, sondern von Decke zu Boden projektiert. Im hinteren Bereich der Halle, hinter einer freistehenden Wand, wird die horizontale Projektion wieder aufgegriffen.

Lohnt sich ein zweiter Besuch?
Die Ausstellung ist nicht nur eine Präsentation Anthony McCalls Lichtinstallation, sondern auch ein Entkommen aus der alltäglichen Umgebung in eine utopische Welt, erzeugt durch Licht, Nebel und unter Mitwirkung des Besuchers. Es lohnt sich ein weiterer Besuch er Ausstellung, da sie beim Besucher zu immer wieder neuen Empfindungen und Wahrnehmungen führen wird.


Links: 
www.mccallinberlin.de, www.hamburgerbahnhof.de
Text und Fotos: 
Imke Nakoinz
Fotos: Copyright Anthony McCall.