Stasimuseum


Exkursion

Das Stasimuseum ist eine Fundgrube; direkt am historischen Ort werden hier Dokumente, Objekte und Präsentationen gezeigt, die aus dem Bestand des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR selbst stammen, sowie auch zusätzlich zusammengetragenes Material.

Foto: Felix Worseck

Bereits eine Woche nach der Inbesitznahme des MfS durch Demonstranten am 15. Jan 1990 beschloss der Zentrale Runde Tisch des Bürgerkomitees zur Auflösung des MfS die Einrichtung einer “Gedenk- und Forschungsstelle zum DDR-Stalinismus”. Die im März 1990 gewählte neue Regierung der DDR fasste einen entsprechenden Entschluss, der jedoch nicht mehr umgesetzt wurde, weil sich die zuständigen Ministerien bei der Vereinigung der beiden Staaten in Deutschland auflösten. Deshalb trägt nun der im Sommer 1990 von Mitgliedern des Bürgerkomitees und Bürgerrechtlern gegründete Verein “Antistalinistische Aktion Berlin-Normannenstraße e.V.” (ASTAK) den Betrieb.

Fast direkt mit der Beseztung der Räumlichkeiten begann man aus dem Inventar der Behörde Material zu sichern, mit dem eine wissenschaftliche Aufbereitung sowie eine Ausstellung als Beitrag zur Erinnerungskultur möglich gemacht werden sollten. Die dabei entstandene Sammlung ist also weniger eine nach wissenschaftlichen und museumspädagogischen Kriterien von überall her zusammengetragene allumfassende Schau, welche die Geschichte der Stasi von Anfang bis Ende durcherzählt. Vielmehr zeigt sie einen unerwarteten Querschnitt durch alle Bereiche der riesigen Behörde; allein in der Stasi-Zentrale arbeiteten über 10.000 Personen.

Foto: Felix Worseck

Ausstellungsteile zur Tätigkeit der Staatssicherheit, zu unterschiedlichen Aspekten des politischen Systems und zu Widerstand und Opposition in der DDR sind ebenso vertreten, wie auch von Mitarbeitern der Stasi selbst gefertigte propagandistische Fahnen, Halstücher und Wandteppiche. In denselben Vitrinen, die schon damals für kleinere hausinterne Ausstellungen und manchmal auch öffentliche Schauen verwandt wurden, sind heute z.B: die Geschenke ausgestellt, die Erich Mielke etwa beim Besuch eines örtlichen Sportvereins überreicht worden waren. Interessant sind vor allem die Plakate und Spruchbänder die von Stasi-Mitarbeitern zu internen Meinungsbildung selbst angefertigt wurden. Auch eineige Dokumentationen und Arbeiten aus der Schulung und Ausbildung innerhalb der Behörde sind ausgestellt. Hier präsentiert sich die Stasi selbst!

Foto: Felix Worseck

Die Mitarbeiter des Trägervereins sind bemüht trotz knappen Budgeds die Präsentation auf einem hohen Nivau zu halten, in nach Themen geordneten ehemaligen Büroräumen werden z.B. viele Fotos auf grauen Anschlägen und mit viel erläuterndem Text gezeigt, wer möchte kann sich hier sehr ausführlich informieren. Zu empfehlen sind allerdings die überaus sachkundigen und ebenso flexibel gestaltbaren Führungen durch das Gebäude.

Foto: Felix Worseck

Neben dem finanziellen Aspekt werden die Möglichkeiten in den Räumen der Gedenkstätte Ausstellungen zu zeigen noch durch etwas anderes eingeschränkt: Die Büroräume Erich Mielkes, immerhin eine ganze Etage, sind im Original erhalten und stehen unter Denkmalschutz. Das ermöglicht zwar einen einmaligen Rundgang durch einen Schauplatz der Geschichte, macht aber den Raum eng für eine umfangreiche zusammenhängende Präsentation von Inhalten.

Foto: Felix Worseck

Den Höhepunkt bildet die Möglichkeit in der Cafeteria auf eben denselben Sitzmöbeln einen Kaffee einzunehmen, die schon Mielkes Staab Raum für Smalltalk und Westzigaretten gaben. Die Bundesregierung möchte eine Sanierung des Gebäudes vornehmen und im Zuge dessen am liebsten auch gleich die Trägerschaft des Museums und der Forschungsstätte etwa der regierungsnahen Stiftung “Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland” übergeben. Der ASTAK lehnt dies mit dem Argument ab, staatliche Geschichtsschreibung habe in eben diesem Haus bereits stattgefunden, als z.B. die Geschichte der DDR betreffende Akten in der Stasi-Zentrale vor dem Zugriff unabhängiger Historiker geschützt wurden. Auch ist fraglich, ob die bundesrepublikanische Erinnerungskultur das gruselige Wandeln durch die Büros des Bespitzelungsapparates im selben Ausmaß auch nach einer Sanierung beibehalten würde. Die derzeitige Präsentation der Exponate im Stasimuseum mit Geld der Bundesstiftung von ihrem work-in-progress-Charakter zu befreien wäre sicher eine große Chance, wenn damit aber die Möglichkeit eines Kaffees bei Mielkes, und damit auch der Geist der Stasi-Besetzer berdoht ist, sicher auch eine Gefahr.

Die gestalterische Herausforderung besteht hier im Spagat zwischen Erhaltung und Öffentlichmachung des authentischen Ortes auf der einen, und der wissenschaftlichen Aufarbeitung und didaktisch sinnvollen Präsentation der Exponate der DDR-Geschichte auf der anderen Seite. Hier bedeutet Ausstellungsgestaltung gleichsam Politik, das macht es sicher nicht einfacher, aber dafür umso interessanter!

– Philipp Tögel