“Gutes Ausstellungsdesign zeichnet sich dadurch aus, dass man sich während der Ausstellung keinerlei Gedanken über das Ausstellungsdesign macht.” Im Guggenheim Museum in Berlin war im Rahmen der Retrospektive zum Thema fotorealistische Malerei im Amerika der 70er Jahre bis vor wenigen Tagen eine solche Ausstellung vorzufinden.
Über einen Zeitraum von gut zwei Monaten wurden dort Arbeiten in höchstem Maße eigenständiger, wie auch bei näherem Hinsehen technisch individueller Künstler aus Übersee zur Schau gestellt. Und trotz des weitesgehend fehlenden Kollektivgefühls unter den Künstlern jener Zeit, lässt sich beispielsweise anhand der in äußerstem Maße das Amerikanische repräsentierenden Motive, der emotionsarmen und banalitätsreichen Stimmungen der Bilder und der klar strukturierten, mit der Realität weitesgehend kongruenten Darstellungsweise ein ganz und gar klarer Trend ausmachen. Zu den in dieser Ausstellung vertretenen Repräsentanten dieser, häufig an Fotografien angelehnten, Strömung in der Malerei zählen Richard Estes, Don Eddy, Audrey Flack, Franz Gertsch, Chuck Close, John Salt, Charles Bell, Tom Blackwell uva.
Die Ausstellung hat es mit einer vortrefflichen Auswahl von lediglich 32 Bildern geschafft einen fabelhaften Überblick über den Fotorealismus, Superrealismus, Hyperrealismus oder wie man ihn nennen mag zu verschaffen. Räumlich sowie inhaltlich unterteilt war die Ausstellung dabei in verschiedene Bereiche wie z.B. den der Konsumkultur oder den des Amerikanischen (Alltags-)Lebens. Jedem Themenkomplex ist somit also ein ganzer Raum gewidmet worden. Meiner Ansicht nach ist dadurch gelungen, die Bilder in inhaltlich und ästhetisch sinnvoller Weise in einen Kontext zueinander zu setzen. Hinzu, zu jenen “großen Werken” der Strömung, kamen außerdem, einige bereits zur Documenta 5 gezeigte Lithografien. Passender Weise waren diese viel kleinformatigeren Arbeiten auch nicht in den endlos hohen Haupträumen, sondern im Übergangsbereich zum museumseigenen Design Store, zu sehen. Die Motive fangen mit beispielsweise riesenhaften, leeren Parkplätzen, alten Automobilen, einem motelartigen Gebäude, Taxis, verhüllten Waren sowie Leuchtanzeigen usw. ebenfalls auf eindrucksvolle Art Stil, Lebensgefühl und Banalität jener 70er Jahre der amerikanischen Vororte und Kleinstädte ein.
Neben dem künstlerischen Genuss, den diese Ausstellung garantiert darstellt, ist sie jedoch auch ein gestalterischer Augenschmaus. Denn mittels einfache Mittel – d.h. zurückhaltenden Ausstellungsdesigns – entfalteten die Bilder in den Räumen des Guggenheims ihre volle Wirkung. Bezüglich der Gestaltung heißt das im Detail: Zurückhaltende Rahmen an gut begeleuchteten Bildern sowie angenhem lesbare und leicht zuzuordnende Beschriftungen. Aus informationsgestalterischer Sicht ist noch besonders, dass es, durch präzise Anordnung und Kontextualisierung der Werke untereinander, gelungen ist, das Lesen der weiterführenden Texte in jedem Raum fast überflüssig zu machen. Die Ausstellung funktioniert ganz einfach auch rein visuell, d.h. ohne jeden Text. Bildunterschriften und Informationstexte springen einen weder an, noch übersieht man sie. Diese für jeden Ausstellungsbesucher angenehme Ausgewogenheit hat sich bei Picturing America irgendwie durchgezogen. Was die Hängung der Bilder anbelangt, so würde ich allenfalls bemängeln, dass ein paar wenige Bilder evtl. “zu wenig Platz” nach links und rechts hatten, was die Großzügigkeit der hohen Räume einfach unnötig schmälert. Und – auch wenn es sich dabei allenfalls um Nuancen handeln kann – vielleicht hätte man die Bilder insgesamt etwas höher hängen können.
Ebenfalls empfehlenswert ist der reich bebilderte Katalog zur Ausstellung, welcher, mit kunsthistorischen Ausführungen der führenden Fotorealismus-Expertin Linda Chase, durchaus eine Ergänzung zum Ausstellungsbesuch an sich darstellt.